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Zur Golden Kron, Frankfurt

AußenansichtZwei Frankfurter Gastronomie-Haudegen haben sich zusammengetan und Mitte des Jahres einen Gasthof par excellence im ländlichen Randstadtteil Eschersheim eröffnet. Alfred Friedrich und Pit Punda haben nach einiger Renoivierungszeit des abgerockten Fachwerkhauses mit der revitalisierten Zur Golden Kron ein kleines Idyll mit lauschigem Innenhof und gemütlicher Gaststube geschaffen.

Der Linzer Alfred Friedrich ist Österreicher. Die letzten Jahre war er ein Fixpunkt am Frankfurter Genusshimmel. Unter seiner Ägide erreichte die Küche im Tigerpalast zwei Michelinsterne. Ehrungen, die dem 60-Jährigen nicht fremd sind. Er kochte bei Jörg Müller auf Sylt, arbeitete als Souschef in Witzigmanns legendärer Aubergine, war Küchenchef bei Heinz Winkler in Aschau und begann seine Ära in Hessen im Restaurant Marcobrunn auf Schloss Reinhartshausen, bevor er im Zarges auf der Fressgass auf den “Mundschenk aus Leidenschaft” traf. Sommelier Pit Punda war den Frankfurtern aus dem Cyrano ein Begriff – hochgewachsen und mit nunmehr grauem Pferdeschwanz sorgt sein Äußeres neben seiner Kompetenz für hohen Wiedererkennungswert. Punda verschlug es dann für einige Jahre in die Offenbacher Gastro-Oase SchauMahl.

Schaut man vor einem Besuch unsinnigerweise in das unsägliche Bewertungsportal Tripadvisor, ist in Negativ-Kommentaren die Rede von nicht vorhandenem Ambiente, schlechtem Service und überhöhten Preisen – und dann kostet auch noch das Wiener Schnitzel vom Kalbsrücken(!) 26 Euro!

Der Reihe nach. Das Ambiente hat bei der behutsamen Renovierung, Sanierung seinen Wirtshaus-Charme behalten. Blanke Tische, wuchtige Holzstühle, Eckbänke mit Lodenkissen, dazu ein paar Designleuchten, hübsch-gemütlich und kein verkitschter Landlust-Style. Die Toilettenanlagen – ja, ja, es gibt Leute, die testen das – für deren Besuch man den Innenhof durchqueren muss – schafft man; eine häufige Anordnung in so alten Bauwerken – wurden neugemacht. Hätte jemand geschrieben, die Weingläser könnten feiner sein, hätte er schulterzuckende Zustimmung erhalten. Weil das die trinkfreundlich kalkulierten Weine aus der Weinkarte mit deutsch-österreichischem Schwerpunkt noch besser zur Geltung brächte. Doch Wichtiger ist, was dann der freundlich-flotte Service auf den Tisch stellt.geräucherte SchweinebackeBackhuhnsalatLos geht es mit zwei Vorspeisen, die schon ziemlich gut verdeutlichen, was hier passiert. Das Fleisch der geräucherten Schweinebacke mit Handkäse-Radieschen-Vinaigrette und Brotsalat ist saftig und angenehm weich-mürbe, aber nicht elastisch im Mund. Die Raucharomen sind gezügelt, es geht nicht zu salzig zu. In den erfrischend säuerlich abgestimmten Brotsalat mit krossen Brotstücken, intensiver Tomate sind Würfel von Handkäse eingearbeitet. So entsteht auf wunderbare Weise ein hessisch-mediterranes Zusammenspiel.

Die Panierung des Hähnchenfleischs beim Backhuhnsalat vom Rhönhof Hofbieber Freilandgeflügel mit Rahmgurken und frittierter Petersilie ist superb. Hauchdünn und wunderbar souffliert. Das Fleisch darunter ist saftig und punktet mit gutem Eigengeschmack, der ihm durch die schützende und geschmacksgebende Hülle nicht genommen wurde. Dass die Rahmgurken zwischen Erinnerungen an den Geschmack von Omas Gurkensalat und einem Österreich-Urlaub schwanken, ist Kompliment genug. Hier nahm sich Friedrich einem Klassiker seiner Heimat an. Das Gesamtergebnis: Zwei Vorspeisen auf den Punkt.

Herzhalbsbries

Cremesuppe von Zuckererbsen

Der Gang, der Friedrichs langjährige Erfahrung aus der Spitzengastronomie am offensichtlichsten verdeutlicht, entstammt den Zwischengerichten. Das glasierte Herzbries vom Kalb mit gebackenem Kalbskopf, Flusskrebs, Romana Salat und Sauce gribiche vereint wunderbar rustikale Aspekte mit der Herangehensweise der Spitzenküche. Es schmeckt gleichsam schmissig und differenziert. Die drei Elemente, Bries, Kalbskopf und Flusskrebs greifen texturell hervorragend ineinander. Das Krustentier hat eine weich-wässrige Konsistenz; es wurde knapp glasig gegart und schmeckt sehr pur, weil es nicht stark gesalzen und weiter aromatisiert ist. Weich, aber deutlich intensiver ist die Wachstumsdrüse, die aber immer noch dezent gehalten ist. Am aromatisch kräftigsten gerät der saftige  Kalbskopf in seiner Knusperhülle, die keinen Deut unangenehme Frittiernoten aufweist. Die Sauce, eine Art mit Kapern, Würfeln von Gewürzgurke und Ei sowie Kräutern verfeinerte Mayonnaise, passt als klassischer Begleiter zu der köstlichen Dreifaltigkeit. Tomatenstücke und der Salat bereichern das Ganze mit grün-knackiger Frische.

Da sich das Kind bereits an Brot und gesalzener Butter gesättigt hatte, bleibt genug der Cremesuppe von Zuckererbsen mit Minze und Croustillant von der Kartoffelmettwurst zu probieren. Der fein abgestimmten Suppe gibt das saftige Brät, in Kataifi-Fäden ausgebacken, einen rustikalen Schubser richtung Erbseneintop de luxe. Wird zuhause reproduziert.

Wiener Schnitzel vom Kalbsrücken SchweinekoteletteDas Wiener Schnitzel vom Kalbsrücken mit Kartoffel-Feldsalat und Gebirgspreiselbeeren war quasi eine Pflichtbestellung und gehört zu den besten Wiener Originalen, die bisher probiert wurden. Die Panierung ist noch hauchzarter, die Fleischdicke optimal, damit das hochwertige Fleisch schmeckbar bleibt. Dass es sich um zwei Stücke anstelle eines tellerüberlappend großen handelt, kommt dem Geschmack zudem zugute. Vom Salat dazu ist auch nur zu schwärmen. Kein Wunder, dass aus der Küche permanent das Geräusch vom Fleischplattieren erklingt.

Die Fleischqualität beim Kotelette vom Thüringer Duroc Schwein mit Spitzkohl-Gröstl ist, wenig überraschend, sehr gut. Friedrich hat das Fleisch eher sanft gebraten und dabei nicht zu stark aromatisiert. Das Essen erfordert kauen, es schmeckt nach Schwein – so soll es sein. Fein, dass die Sauce eher wenig gebunden und sehr natürlich schmeckt, dies ein Beispiel für die Spitzengastronomie, wo häufig noch der Reduktion bis zur Unkenntlichkeit gefrönt wird. Gegen den süßlichen Fleischgeschmack setzt der kurz durchgeschwenkte, knackige und herbe Kohl ein Kontra. Schwer ist das Gericht nicht, die Kartoffeln sind, beinahe Chips, nur angedeutet.

Apfelstrudel im GlasDer Apfelstrudel im Glas mit Vanille-Panna Cotta, Apfelragout und karamellisierten Strudelblättern macht so manche gewollt kreative Dekonstruktion vergessen. Es schmeckt einfach mal lecker. Dabei geht es nicht zu süß zu und eine ordentliche Zimtnote sorgt für Aufmerksamkeit.

Da noch die Heimfahrt drohte, war der Hinweis des Service, dass die Topfenknödel mit Marillenragout und Marillen-Frozen Joghurt zwanzig Minuten zusätzliche Zubereitungszeit in Anspruch nähmen, hilfreich und bedauernswert zugleich.

Doch so bleiben viele gute Gründe, wieder bei Alfred Friedrich und Pit Punda in der Zur Golden Kron in Eschersheim einzukehren. Was hier geboten wird, sollte flächendeckend Nachahmer finden. Ähnliche Gedanken wie sie schon beim Bericht über den Fleher Hof aufkamen.

Die beiden haben ihr neues Baby Zur Golden Kron zurecht mit dem Hinweis Edelwirtshaus versehen. Was hier serviert wird, ist hessisch-österreichischer Lokalkolorit mit Können, Geschmack und Spaßfaktor. Die Portionen sind dazu groß und die Preise völlig angemessen. Das nächste Mal erfolgt auch ein Foto von den beiden. Denn das sind echte Typen!

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