Das holzig-urige Interieur der verwinkelten Dorfstube
Nils Henkel ist aktuell noch auf “Solo-Tour” und machte in der vergangenen Woche für zwei Abende Halt in Düsseldorf. In der rustikalen Dorfstube im eher mondänen Stadtteil Oberkassel kamen je bis zu 80 Personen in den Genuss seiner feinen Küche.
Bankett und Genuss – schwieriges Thema
Bei Veranstaltungen dieser Art bin ich immer sehr skeptisch. Natürlich schmückt sich der Veranstalter gern mit einem bekannten Koch und bewirbt das Ganze mit der in mehrerlei Hinsicht unpräzisen Bezeichnung “Sternekoch”. So auch hier, obwohl die kundige Familie Bareiss als Betreiber das natürlich besser weiss. Auf Seiten der Gäste kann das zu einer eventuell übersteigerten Erwartungshaltung führen. Denn man sollte nicht den Fehler begehen und die Bewertung von Henkels letzter Station, dem seinerzeit mit zwei Sternen ausgezeichneten Gourmetrestaurant Lerbach, als einzigen Bezugspunkt zugrunde zu legen. Bei einem sogenannten “Außer Haus” im Bankett-Stil existieren gewisse Parameter, die auch die Besten herausfordern: Eine große Anzahl an Gästen, eine fremde Küche und ein nicht perfekt eingespieltes Team.
Apéro: Beef-Tatar und marinierte Wassermelone
Nils Henkel kann so etwas erst berücksichtigen und dann bewältigen. Er hat seine Küche ein wenig “entfeinert”, ohne sie zu schwächen oder seinen Stil zu verlieren – und so dem regional-rustikalen Stil seines Gastspielortes angepasst. Natürlich fällt es einem Perfektionisten schwer, einen Gang zurückzuschalten.
Die Veranstaltung ist aber gelungen, denn die Gäste kommen so in den Genuss eines in zweierlei Hinsicht interessanten Menüs. Sie lernen Henkels Denkweise bei seinem “Pure Nature”-Stil kennen. Um ein Produkt – und wenn es nur um profanen Lauch und Sellerie geht – schmiegt sich förmlich eine raffinierte und mit Kleinigkeiten ins Originelle verschobene Einfassung. Die muss nicht aus den klassischen Luxusprodukten bestehen. Zum anderen ermöglicht Henkel einen Blick darauf, wie eine gutbürgerliche Küche mit durchaus mehrheitsfähigem Geschmack aussehen könnte, bestünde sowohl auf Seiten der Gastronomie als auch auf Seiten der Gäste ein gesteigertes Interesse daran.
Zu meiner Freude präsentierte er auch sein Signature-Dish, den Seesaibling, dem Holunderkapern-Vinaigrette die interessante und ungewöhnliche Note verleiht. Ich war so gespannt auf den Vergleich mit meinen gepickelten unreifen Holunderbeeren und wurde nicht enttäuscht: Meine schmeckten fast genauso – kein Wunder, war ja ein Rezept des Meisters.
Während die Fisch- und Fleischgarung in dem herausfordernden Setting überaus überzeugend gelangen, schwächelte das Gemüse aus Rübchen beim Hirschrücken zum Hauptgang ein wenig. Dass das Dessert gut, aber nicht spektakulär war, Schwamm d’rüber – Nils Henkel ist Koch und nicht Pâtissier.
Jetzt heißt es, noch neugierig bis Jahresende warten, wenn Nils Henkel hoffentlich herauslässt, wo es in 2017 für ihn kulinarisch hingeht. Und wir dann wieder über Sterne reden können!