Rutz Weinbar & Restaurant, Berlin
Rutz: Feinsinniges, intensives Menü mit brillanter Getränkebegleitung!
Seit 18 Jahren besteht das nach dem ersten Sommelier Lars Rutz benannte Restaurant in der Beletage nebst Weinbar im Erdgeschoss. Deshalb feiert man 2019 etwas unkonventionell die Volljährigkeit. Dass man mit guten Getränken auch voll werden kann… nun, die Weinaffinität liegt schon im Besitzerehepaar Anja und Carsten Schmidt begründet, denen die Berliner Weinhandlungen Weinladen Schmidt gehören. Seit 15 Jahren ist Marco Müller Küchenchef des eher sachlich und unauffällig eingerichteten Restaurants. Radikaler ist da schon der Schritt, den der 49-Jährige vor wenigen Jahren vollzog, als er seinen Kochstil radikal änderte. Vereinfachend verschlagwortet könnte man, da auch gesammelt, fermentiert und mit regionalen Zutaten gekocht wird, an berlinerisches „brutal lokal“ oder skandinavische New Nordic Cuisine denken.
Einstimmung: Schorfheide-Pilz–Tee, Süßkartoffelchip
Snacks: Müritz-Lamm-Tatar; dreifach frittierte Hühnerhaut; Weizenhippe, Tomatenkompott, Frischkäse
Quellforelle, Molke, Kohlrabi, Steinbuttbottarga
Koji-Stör, Rauchaal-Aromen, Wacholderessig, Schallotte
Waldboden, trockengereiftes Rind
Kohl von außen nach innen, Rösthefe
Trüffel, Brot-Miso, Haselnuss, Hechtkaviar
Flusskrebse, Mais, Schweineohr
Holzkohle-Taube, Buchenpilze, schwarze Johannisbeere
Nackenkern, Rüben-Dashi, Apfelasche
Pré-Dessert
Winter: Sonnenblumenwurzel, Elstar
Abschlusserfrischung
Petits fours
Doch das „Natur & Aromen“-Menü ist nicht didaktisch, sondern primär geschmacksucherisch unterwegs. Müller und sein Team mit Souschef Dennis Quetsch widmen sich der Produktverfeinerung und geschmacklicher Neulandauslotung – mit Intensität, Harmonie und tiefgründigen Saucen. Natürlich erläutert der lebhaft freundliche Maître Falco Mühlichen gerne das selbsthergestellte Garum oder mit Koji intensivierten Stör. Dass die hervorragende Forelle, serviert mit Molke vom eigenen Butterherstellen und selbstgemachten Steinbutt-Bottarga, aus naher Frischwasserzucht stammt, ist fast ein wunderbarer Nebeneffekt. Ebenso dass die Flusskrebse aus dem Berliner Tiergarten kommen und die Gäste sich nicht nur mit dazu serviertem süßlichem Mais und knusprigem, herzhaftem Schweineohr an Frische und delikatem Geschmack erfreuen, sondern sinnvoll aktiv der Flusskrebs-Plage im Tiergarten entgegenwirken. Zum in Art eines Schinkens sieben Wochen trockengereiften US-Rinderrücken aus Nebraska kombiniert Müller erdigen „Waldboden“ aus Flechte, Haselnüssen und Kohlrabisaft mit Pflanzenöl. Der kräftige, durchwachsene Nackenkern Presa vom Ibérico-Schwein vom Spitzenerzeuger Garimori aus der Extremadura suhlte sich wohlig in Rüben-Dashi und Apfelasche. Dann brilliert Müller noch mit Vegetarischem: auf dem Grill verkohlter, komplett verarbeiteter Kohl liefert die Grundlage für eine „fleischige“ Saucenbasis mit Rösthefe, bissfeste, kohlige Gemüse-Mitte und, als entsaftetes Herzstück, feine Frische. Das schmeckt sensibel ausgewogen und schlüssig intensiv.
Äußerst lobenswert ist die Arbeit von Sommelière Nancy Grossmann. Ihre bedachte Weinbegleitung mit Riesling/Furmint von Moric’ Hidden Treasures, Blanc Tradition von Chateau d’Arlay, Cotes du Juro und 2010 Im Weingebirge Grüner Veltliner Federspiel vom Nikolaihof, Wachau sowie Les Vieux Clos von Nicolas Joly und ihre ausgefeilten alkoholfreien Alternativen wie Krustentier und Kamille zu den Flusskrebsen machen tolle Gerichte noch besser, weil im Rutz nicht beeindruckt oder übertönt wird.
Feinsinniges, intensives Menü mit brillanter Getränkebegleitung
Chausseestraße 8
10115 Berlin
www.rutz-restaurant.de