Lafleur Frankfurt Andreas Krolik Gesellschaftshaus Palmengarten
Restaurants

Lafleur, Frankfurt am Main

Lafleur: Aromatisch und filigran – auch in Vegan

Jetzt nicht über die Rasenfläche gehen. Betreten verboten! Durch dunkle Seitenstraßen führte der Weg zum illuminierten, stattlichen Haus mit vorgelagerter Grünfläche. Rechts und links des Weges stehen kahle Bäume Spalier. Das Ziel ist erreicht, der Eingang gefunden. Rechter Hand geht es in die Veranstaltungsräumlichkeiten des Gesellschaftshaus Palmengarten, links liegt das Gourmetrestaurant Lafleur, benannt nach dem berühmten Bordeaux-Weingut Château Lafleur im Pomerol. Die Farbe Lila signalisiert Ankunft. Am richtigen Ort. Schließlich gab es rund um die beiden Restaurants Lafleur und Tiger-Gourmetrestaurant im Tigerpalast in innenstädtischer Zeil-Nähe, immer wieder personelle Rochaden. Die Köche wechselten in-house die Restaurant, kamen und gingen.

Andreas Krolik war auch mal im Tigerpalast, kocht nunmehr seit 2012 im Lafleur. Zuvor kochte er zwölf Jahre erfolgreich in Brenner’s Parkhotel & Spa in Baden-Baden.

Das Lafleur im stattlichen Haus signalisiert mit seiner opulenten Einrichtung, förmlich weiß eingedeckten Tische und gediegenem Holzparkett: Ich bin ein Gourmetrestaurant. Eines mit recht enggestellten wie gestaucht wirkenden Tischen und wahnsinnig bequemen stoffbezogenen Drehsstühlen an der Schwelle zu Sesseln. Das Drehmoment ist praktisch, denn nur mit größerem Kraftaufwand wäre ein Stühlerücken des schweren, wertigen Mobiliars möglich.

Das eigentlich Besondere am Lafleur und Andreas Kroliks Küche ist, dass es neben einem ‘normalen’ Menü ein weiteres gibt. Bestehend aus rein vegan zubereiteten Gerichten. Auf diesem Top-Niveau sehr ungewöhnlich und sonst nur auf Anfrage, wenn überhaupt, verständlicherweise aufgrund des Aufwands unter hochgezogenen Augenbrauen, Stirnrunzeln und nicht bis zum Gast dringenden Ablästern zu bekommen. Spitzengastronomie für Veganer, eine Nische, für die es im Lafleur offenbar Nachfrage gibt und man sich ihr ernsthaft nähert. Natürlich fabriziert man hier keine Kopie von herkömmlichen Gerichten mittels Hilfe von Fleischsurrogaten

Warum es dann trotz bester Absicht und Vorsätze das Omnivoren-Menü wird? Die Antwort kennt nur der Wind und die linke Seite der Speisenkarte, die bei aller Neugierde zu verlockend erschien.

Lafleur Frankfurt Andreas Krolik Gesellschaftshaus PalmengartenApéro: Grüner Gemüseshot mit Paprika-Apfelweinschaum und gebackene Kalbspraline mit Schnittlauch-Kapernmayonnaise

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Amuse: Mild geräuchertes Gemüsetatar mit Burrataeis in Fenchelgurkensud 

Los geht es bei den Apéros dann doch vegan. Mit einem gemüsigen Shot, säuerlich und kühl. Und als omnivoren Gegenpart einer fluffigen Frikadelle, der das Kunststück gelingt, gleichzeitig würzig und fein abgeschmeckt zu sein.

Was beim Amuse-Gueule aussieht wie ein herkömmliches fisch- oder fleischbasiertes Tatar eignet sich auch für Lacto-Vegetarier, die zugleich Pescetatier sind. Beim Gemüsetatar denkt man, es könnte Fleisch sein, es hat eine Konsistenz, die an Pulpo erinnert. Mit knackigem Gemüse, der etwas weicheren Gurke und dem geschmeidigen, teils gezupften, teils eiscremigen Filatakäse und dem platzenden Saiblingskaviar ist das Ganze ist ein gutes Spiel von Knsostenzen und zugleich von Temperaturunterschieden.

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Roh marinierte Fjordforelle auf zwei Arten mit Ingwer-Limonenmarinade, Yuzu, Avocado, Rettich, Brunnenkresse, und fruchtigem Curryeis

Was sehr sortiert und überlegt ausschaut, gerne als kleinteilig und Pinzettenteller diffarmiert, ist eine fein abgestimmte Rundreise. Von indisch anmutendem Eis über südostasiatisches Süsssauer (Mitte) bis zur japanischen Produkt und Geschmackswelt. Das tolle an diesem Teller ist nicht nur die hübsche Optik, sondern das er sich nicht falsch essen lässt. Das Forellentatar ist nicht auf Teufel komm raus gewürzt, die japanische Zitrusfrucht eher ein feiner Hauch. Das betont die Natürlichkeit der Zubereitung, das Esserlebnis erlebt erneut eine Steigerung durch feinverwobene Texturen von reichhaltig (Fisch, Avocado) zu knackig (Rettich) und kühl-schmelzend (Eis). Wunderbarer Menüauftakt.

Lafleur Frankfurt Andreas Krolik Gesellschaftshaus Palmengarten

Handgetauchte, gebratene schottische Jakobsmuschel mit Mandelcrunch, Muschelnage, Blumenkohl, Amalfi-Zitronenconfit, und Salty Fingers

Für den Gast liest es sich wie die in der Spitzenküche gelernte Kombination, bei der dem Schalentier Nuss und Blumenkohl zur Seite gestellt werden. Passt ja auch, schließlich bringt die Coquille Sant Jaques neben Süße eine nussige Note mit. Hier reißt aber zu allererst ein säuerlicher Fruchteindruck aus der eigenen Erwartungshaltung heraus, ein wenig süßlich, doch nicht dominant.  Der Blumenkohl ist cremig und weich, gäbe es eine Verniedlichung für Crunch, müsste sie auf die Mandel angewendet werden. So ist der Queller, dieses meeressalzige Gewächs in seinen Partikeln neben der Zitrusfrucht wichtiger Kontrapunkt zum gehaltvoll Süffigen. Denn Tiefe hat dieser Teller durch die Nage. Eine Konzentration des Muschelgeschmacks auf buttrigem Fundament, was die Schaumigkeit dann doch leicht erscheinen lässt.Eine das in einer klassisch Einer klassischen  und setzt der intensiven, aber nicht zu konzentriert dichten, schaumigen.

Schon jetzt wird notiert: Diese Küche ist geprägt von großer Eleganz und Feinheit. Von besten Produkten ohne eine geschmackliche Eindeutigkeit und Klarheit zu leugnen.

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Wolfsbarsch und Felsenoktopus, mediterraner Fischsud, mit geräucherter Paprika, Aubergine mit Norialge, Fenchel und Crème von weißen Bergbohnen

Zehn Jahre ist es her, dass ein Altmeister der Restaurantkritik den „gesottenen Tafelspitz vom Müritz-Lamm“ von Sven Elverfeld wegen der Anrichteweise mit einem Mondrian-Gemälde verglich. Das hat nicht direkt etwas mit dem Teller zu tun. Dennoch erinnert die Formensprache an diese Zeit der “neuen deutschen Schule”, Der mit Safran gefärbte und aromatisierte wurde zum Kreis gedreht, der – vielleucht einen Tick zu weiche – Wolfbarsch ist ein Rechteck und die dicke Pulposcheibe sieht in ihrer Größe und Perfektion aus, als sei sie wie Surimi geformt worden. Spielt die Optik überhaupt eine Rolle? Nein, weil der Pulpo perfekt gegart wurde und ebenso schmeckt. Weil das etwas knapp bemessene Fischknusper auf dem Wolfsbarsch dem xxxFisch die Power gegenüber dem Pulpo verleigt. Irgendwie scheinen alle Bestandteile da, um von einer Fischsupper, einer Bouillabaisse zu sprechen, doch das wäre diesem tranzendalen Sud gegenüber ordinär, Löblich ist Kroliks Mut, hier nicht kontrastrierend zu arbeiten, dem Gericht eine gewisse Weichheit, die sich in Nuancen vom zarten Fisch zur geschmacksverstärkenden breiigen Aubergine über minimal knackigen Fenchel zur Kausubstanz des Pulpos  entwickelt zu lassen. Allein der Gedanke, hier fehlte etwas, was knirscht, knackt oder bricht, wäre Frevel.

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Tranche von der Challans Entenbrust, gebackene Entenpraline und Entenherz, Grünkohl, Kürbiscrème, Steinpilzconfit und frische Bergamotte

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Petersilienwurzel und Hartweizenpasta, mit weißem Trüffel, Spinat, Maronen und Emmer – ein Zusatzgang des veganen Menüs

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Vorsuppe – Anmerkung: Eine Megaidee! Und anstelle eines Sorbets unbedingt nachahmenswert!

Lafleur Frankfurt Andreas Krolik Gesellschaftshaus Palmengarten

Gebratener Rehrücken aus heimischer Jagd mit Gewürzkruste, Wildjus mit Johannisbeerstrauch aromatisiert, Karottentatar mit Rapssamen, Chicorée-Chutney, Feldsalatcoulis, Wildpreiselbeeren und Buchenpilze

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Pré-Dessert

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Feines von “Schneiders” Bio-Renetten, mit Maronen, Granatapfel, Rosinen, Apfelweinsorbet und Nuss-Zimteis

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Petits fours

Lafleur Frankfurt Andreas Krolik Gesellschaftshaus Palmengarten

Es mag katholisch moralisch oder protestantisch entbehrend klingen, doch für seine Aufführung braucht Krolik keine Leistungsschau an Prozellan. Durchgehend “schlichte” weiße Teller tun es auch, um darauf den sauberen Eigengeschmack mit Wirkungsgraden in Nuancen zu präsentieren.

Den hervorragende Produkte und ihr Zumleuchtenbringen beherrscht Andreas Krolik ausgezeichnet. Wenngleich der Besuch ein gutes halbes Jahr zurückliegt – schließlich ist das Schreiben an anderen Stellen beruflich und beim privaten Essen und Schreiben für das Stef’s Table-Hobby wird ja nicht so etwas wie zeitnahe Berichterstattung in Aussicht gestellt –, bleiben die Erkenntnisse. Die Beschreibungen einiger dürften verdeutlichen: Hier sitzen Kombinationen, fasziniert Geschmackstiefe bei gleichzeitiger Natürlichkeit und die Texturen sind fein abgestimmt. Ein Menü mit Schmiss und Feinsinnigkeit. Mehr Umspielen denn Drauflospoltern.

Umspielen könnte das Ganze auch Wein, denn der wunderbar charmante maitre Miguel Martin ein wahrer Elder Stateman seines Berufszweigs ausschenkt, wäre die gut sortiert Weinkarte nicht an vielen Stellen ziemlich heftig kalkuliert. Sein Service, den er mit Philipp Günther zelebriert, ist ungemein angenehm.

Eine Besonderheit ist, dass das gleiche Menü freitags und samstags zwanzig Euro mehr kostet als an den anderen Öffnungstagen. Eine Maßnahme, die nicht seit effekthascherischem Verkünden aus Berlin bekannt ist. Im Prinzip Marktwirtschaft, eine Nachfrage basierte Entscheidung und das gastronomische Pendant zum Hotel Revenue Management, bei dem sich das Pricing an die Nachfrage anpasst, zumeist allerdings dynamischer. Man könnte bei Restaurants darüber diskutierten – aber jetzt erst mal wieder Arbeit… Bevor es irgendwann hoffentlich wieder – an einem Wochentag! – ins Lafleur geht, einem Restaurant, das nicht nur Spitzenklasse suggeriert, sondern ist.

P.S.: Und ohne es gesehen zu haben: Unlängst erschien im Selbstverlag das über das Restaurant und online erhältliche Kochbuch “Restaurant Lafleur & Andreas Krolik – Jahreszeitliche Gourmetküche”.

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