Sous-vide gegarter Spargel mit schneller Sauce hollandaise
Eigentlich wollte ich schon längst Sous-vide Spargel machen. Eigentlich war es gut, beim Vakuumierer auf ein günstiges Haushaltsgerät zu setzen. Kurz zweifelte ich an der Entscheidung, als ich im Zuge der Anschaffung im erworbenen Kochbuch “Sous-vide – Der Einstieg in die sanfte Gartechnik” von Hubertus Tzschirner blätterte. Dort war immer von der zwingenden Erfordernis eines Kammervakuumierers die Rede. Also erst gar nicht loslegen? Und ohne Wasserbad mit konstanter Temperatur oder einem dementsprechenden Backofen – hey, Miele, Neff und AEG und Julabo, warum stattet ihr mich nicht mit vernünftigen Equipment aus? Ich bin voll der Influencer! Gut, also auch hier die Billig-Lösung aus der Metro: Der ProfiCook.
Eigentlich wollte ich das Ensemble ja viel häufiger nutzen. Richtig Profi sein. Alles rein ins Plastik, alles raus aus dem Plastik. Finalisieren auf dem Green Egg – wo bleibt eigentlich mein Monolith, Freunde? Hey, hey, hey, wir jammern, dass das Meer voller Plastik ist, kaufen aber Fleischstücke im Plastik, die in Styropor versandt wurden, um sie dann wieder zu entnehmen und erneut in Plastik einzuschweißen. Das Gewissen beruhigen wir bei einem Kaffee to go im Pappbecher, während wir auf unserem MacBook oder iPhone auf Facebook Fotos und Videos plastikverseuchter Weltmeere oder gleich damit vollgestopfter Fische posten.
Eigentlich bin ich ja kein Moralapostel und eigentlich gibt es rein geschmacklich und kochtechnisch Gründe fürs Garen bei niedrigen Temperaturen im Vakuum. Und damit meine ich nicht nur Fleisch und Fisch. Können wir eigentlich nicht mehr kauen, oder warum brauchen wir butterzartes Fleisch, das auf der Zunge zergeht? Das lange vor sich hinköchelte, dass es kräftig aromatisiert werden muss und eine ordentliche Grill-Kruste braucht, um Geschmack zu haben? Ja, so ein Schweinebauch für 36 Stunden bei 65 Grad gegart hat schon was – haben wir alle schließlich gefühlte tausend Mal gegessen.
So ein Wasserbad ist zudem praktisch, weil man so schön Garfehler vermeidet. Ein paar Minuten länger bei niedriger Temperatur sind kein Problem. Sogar einem Kochtrottel wie mir gelingt ein Steak perfekt. Durchweg rosa und zart, dünne Bratkruste, aber fad. Gerade die der dank Maillard-Reaktion gebräunten Oberfläche folgenden Schichten, sogar mit leichtem Grau, machen den Geschmack aus. Oder kaut jemand so lange, bis der Eigengeschmack nach Aufbrechen der Proteine sich endlich durchsetzt? Eine Ökonomisierung der Küchenabläufe. Personal ist rar und teuer. Der geschmackliche Unterschied zwischen Fleisch aus dem Plastik und perfekt konventionell Gegartem ist da – lasst uns Blindverkosten. Wild, Ente, Taube oder ein Flank Steak Sous-vide gegart? Bitte nicht! Ohnehin, gutes Fleisch schmeckt immer, sogar einen Tick unperfekt gegart.
Eigentlich wollte ich ja über Sous-vide gegarten Spargel schreiben. Denn eigentlich wollte ich mit meinem hochmodernen Gerätepark die Möglichkeiten jenseits von Fleisch und Fisch (okay, Pulpo Sous-vide folgt irgendwann mal) ausprobieren. Eigentlich um eine weitere Ökonomisierung vorzustellen. Dabei spielt ebenfalls das Wasserbad eine Rolle. Im Bild ist er schon zu sehen, der iSi Gourmet Whip* (*enthält keine Affiliatelinks!). Jahrelang nutzte ich den alten Sahnespender von Tante Erika, schön in 70er-Jahre-Optik, funktionierte auch noch, war nur zu groß. Jetzt brauche ich noch ein paar Dosierflaschen, Pinzetten und eine schwarze Kochjacke und Tattoos. Spaß und Klischees beiseite! Hier also mein, das beste, schnellste, köstlichste und schönste Rezept für Sous-vide-Spargel mit Sauce hollandaise mit oder ohne Skirt Steak, aus der Pfanne wohlgemerkt.
Ich kaufe gerne Kochbücher. Warum kaufe ich die eigentlich? Hey, ich schreibe darüber, schickt mir gefälligst Rezensionsexemplare! Ich gucke sie mir begeistert an. Am liebsten von Restaurants und Köchen, zu denen ich einen Bezug habe, also im Restaurant gegessen habe. So machen die das also. Tanja Grandits’ Kochbuch “Gewürze” hatte ich allerdings, bevor ich im zweifach besternten “Stucki” in Basel essen war – Himmelskörperverschlinger-Einladung selbstredend. Wobei, stimmt nicht ganz. Zuvor war ich war mittags mal bei Tanja Grandits, klammerte mich an die Business-Karte, konsumierte ein, oder waren es zwei, Gläser Wein. Da war der Franken noch schwächer, gewöhnlicher Wein in schönen Gläsern dennoch unwohlfeil kalkuliert. Die “monochrome” Küche, fein gewürzt und ziseliert, war so noch nicht schlussendlich abzusehen. Ich kaufte also bei Erscheinen das Kochbuch bei Frank Petzchen (Sympathieerwähnung), blätterte darin herum und bereitete, das durchaus ungewöhnlich, mehrere Rezepte und Teile zu. Onkel Jürgen versuchte, mir das Buch madig zu machen. Die blümeranten Beschreibungen der Gewürze hätte man in Vor-#metoo-Zeiten lapidar als feminin skizziert, doch sprach die sympathische Schwäbin emotional über Gewürze und Essen und nicht akademisch unterkühlt. So schmeckt es im Stucki denn auch.
Zu den reproduzierten Rezepten gehörte Kabeljau mit Miso-Hollandaise und Anis-Erbsen. Mir hatte es die Sauce hollandaise angetan. Eigentlich kann ich eine Sauce hollandaise herstellen. Eigentlich finde ich manuelles Aufschlagen viel schöner. Eigentlich kann man rein optisch den Unterschied erkennen. Den Unterschied, zwischen Mensch und Maschine, zwischen Handwerk und Optimierung. Doch ich liebe den Effekt des Einfachen – und bin bequem.
Rezept: turbo, megaschnelle Sauce hollandaise nach Tanja Grandits
Zutaten
125 g Butter
2 Eigelb
1 Vollei
1 TL Amora Savora Senf
1 TL Weißweinessig
Salz
Zubereitung
Butter, praktischerweise genau ein halbes Päckchen, bloß nicht zuviel abwiegen müssen, würfeln und im Topf auf dem Herd oder im Wasserbad auf 60 Grad erhitzen. Separat die weiteren Zutaten vermischen. Die Mischung nach und nach unter Rühren in die Butter geben. Alles in den iSi füllen. Zuschrauben, mit Patrone laden: einsatzbereit.
Wichtig ist der milde, crèmige Kräutersenf aus Frankreich. Nicht auf die Zutatenliste gucken! Der Geschmack ist aber richtig gut, die Senfzubereitung (!) universell verwendbar. Dafür, dass es sich in französischen Supermärkten um Bückware handelt, wird der Senf hierzulande mit ordentlichem Aufschlag verkauft. Ich bin auf den Senf gestossen, weil in mehreren Restaurants die Speisekarte Savora Senf verkündete. Hey, gut gemacht, das richtige storytelling ist wichtig.
Für Tanjas Miso-Hollandaise einfach die Teelöffel Senf und Weißweinessig durch einen Esslöffel Misopaste ersetzten und Salz weglassen. Eine Sauce béarnaise, wenn wir schon mal bei wunderbar schaumigen Buttersaucen sind, ist mit dem iSi kritisch, weil selbst kleinste Kräuterpartikel die Düsen des Schaumschlägers verstopfen würden. Daher erst später die Kräuter dazu geben oder ein Kräuteröl verwenden.
Eigentlich wollte ich nicht abschweifen. Kommen wir also zum Spargel. Ein herrliches Gemüse. Königlich der Weiße. Entgegen seiner Würde wird er in der konventionellen Landwirtschaft mit allerlei wachstumsfördernden und unkrauttötenden Mitteln traktiert. Die Schalen finden bei mir also keine Verwendung. Sind ohnehin nicht delikat. Doch warum steht an so vielen Stellen immer noch etwas von Zucker beim Spargel? Mensch, die Bittere ist dem Spargel doch schon längst rausgezüchtet worden. Komm’ mir keiner damit, dass Zucker den Eigengeschmack eines Produktes hebt.
Zu Beginn der Spargelsaison habe ich auf meinem Erzeugermarkt das Kilo für sieben Euro gekauft. Beinahe die schlechteste Sortierung, weil die Stangen nicht gleichmäßig sind und die Köpfe etwas geöffenet Ich suche aber nicht Deutschland hübschesten, sondern intensivsten Spargel. Leider nicht bio. Der kommt erst später, wächst nicht so schnell und ist nicht extremst mit Folien, natürlich aus Plastik, abgedeckt. Und niemand braucht maschinell geschälten Spargel. Das Schälen gehört dazu, macht Spaß und ist präziser. Nichts ist fieser als holzige Schale im Mund. Händler auf dem Carlsplatz verkaufen ernsthaft geschälten Spargel, eingeschweißt in…Plastik. Unglaublich.
Rezept: Sous-vide gegarter Spargel
Zutaten
Spargel
Butter
Salz
Sparschäler
Vakuumierbeutel
Vakuumierer
Wasserbad oder Dampfgarer
Zubereitung
Spargel schälen! Enden abschneiden! Spargel mit etwas Butter und vorsichtig dosiertem Salz vakuumieren, je nach Menge portionsweise – auf das bißchen Plastik kommt’s auch nicht mehr an. Experimente mit anderen Fetten, Ölen und Orangen- oder Zitronenzeste sind ausdrücklich erwünscht. Vorsichtig: Vakuumieren unterbrechen und zum Schweißen übergehen, wenn Wasser aus dem Spargel austritt.
Bei exzentrischen 86 Grad (ich wollte von den überall gebräuchlichen 85 Grad abweichen) für 20-30 Minuten, meiner war dick, also eine halbe Stunde) garen. Entnehmen, unboxing und fertig. Ja, der Spargel hat eine bessere Textur. Ja, der Spargel schmeckt intensiver.
Wer mag, brät sich dazu noch ein Stück Fleisch. In der Pfanne. Scharf an. Lässt es ruhen, brät es in Butter und Aromaten, vulgo Knoblauch und Rosmarin oder Thymian, nach. Etwas Fleur de Sel. Fertig. Die Wildkräuter und Blüten sind essbare Deko. Sieht hübscher aus. Kulinarisch fügen sie etwas grün-herbe Noten bei diesem insgesamt – auch ohne jeglichen Zucker – süßlichen Gericht hinzu.
Kommen wir als nächstes zum Spargelwein…
Hallo,
tolle Idee, brauche dafür nur einen Sous-Vide Garer. Ich sehe Du hast den von Profi Cook, bist Du damit zufrieden? Steht auf meiner Liste potentieller Hersteller.
Grüße
Sebastian
Hallo Sebastian, ich bin damit bisher zufrieden. Hat allerdings nur 50 Euro gekostet; so wenig wie ich ihn nutze, hätte sich mehr Investition kaum gelohnt. Heizt recht langsam auf. Bekannte schwören als kleine Lösung auf den Anova Stick.
Grüße
Stefan
Moin Stefan,
Spargel sous-vide ist auch mal was schönes. Gute Anregung, allerdings hab auch ich noch keinen Sous-vide-Garer. Und ob sich das bei mir lohnt? Ich würde wohl, so wie Du, zur günstigen Lösung greifen.
Ich liebe Spargel in Alufolie. Auch dabei behält er soviel wie möglich an eigenen Aromen, wird nicht total verwässert. Meine derzeitige Lieblingskrautergänzung ist Thymian.
Schau mal hier: https://www.legourmand.de/?s=spargel
Liebe Grüße,
Götz