Restaurants

Français, Frankfurt am Main

Langstrecke ohne Langeweile

Kontinuität ist nicht selbstverständlich. Kontinuierlich zu gut kochen, und dabei interessant zu bleiben, ist eine Herausforderung. Küchenchef Patrick Bittner kocht seit 18 Jahren im Restaurant Français im Hotel “Steigenberger Frankfurter Hof” in Frankfurt am Main.

Restaurant und Hotel sind ein zwischen Bahnhofsviertel und Innenstadt perfekt zentral gelegenes Flaggschiff der Gastronomie und Hotellerie der hessischen Bankenmetropole. Neben dem üblichen Abendprogramm in Menüform bietet das mittags geöffnete Restaurant zu einem günstigen Preis ein Lunchmenü, bei dem es an nichts fehlt und es die gleichen Gerichte wie am Abend gibt. Das schmecket so überzeugend, dass der gediegene Speisesaal eigentlich aus allen Nähten platzen müßte.

Restaurant Français FrankfurtDabei hatte es bis zum Erstbesuch gedauert. Vielleicht waren es gerade die Kontinuität und Patrick Bittners klassischer Kochhintergrund, der bisher einem Essen im Français entgegenstand. Und dann auch noch in einem Grandhotel. Das erscheint manchmal nicht aufregend. Auf den ersten Blick nicht. Vermutung und Vorurteil sind eh ein an der Gastronomie nagender Parasit. Wie so vieles anderes, dessen Erwähnung bei diesem freudigen Bericht keinen Platz finden muss.

Restaurant Français FrankfurtEine typisch deutsche Spitzenkochkarriere legte der gebürtige Westfale hin. Patrick Bittner kochte nach seiner Ausbildung im Landhaus Scherrer in Hamburg beim als streng geltenden Heinz O. Wehmann und arbeitete vor seiner Frankfurter Langzeitbeschäftigung in Peter Nöthels und Peter Liesenfelds Hummerstübchen in Düsseldorf und bei Dieter Müller in Schloss Lerbach. Eine gute Basis, die Handwerk und guten Geschmack verheißt.

Seine lange Amtszeit in Frankfurt – kein Text über den 47-Jährigen kommt wahrscheinlich ohne diesen Hinweis aus – mag dem Ausdauersport zuzuschreiben sein. Patrick Bittner läuft Marathons und nimmt an Ironman-Wettbewerben teil. Zum Extremsport gehören natürlich auch Reisen. Und vielleicht verleihen dabei gewonnen Eindrücke Bittners von deutsch-französischer Hochküche geprägten Stil durch mutige Zutaten und beherztes Abschmecken neue, muntere Akzente. So ging es im Francais von Frankfurt aus mit Zwischenstopps über die Levante Küche bis zu indischen und asiatischen Tupfern.Restaurant Français Frankfurt

Apéro: Tartelette mit Nordseegarnele

Restaurant Français Frankfurt Amuse-gueule: Gebeizter Lachs, Bananensorbet, Curry-NüsseRestaurant Français Frankfurt

Brotlaib mit Rohmilchbutter und Hummus mit ChimichurriRestaurant Français FrankfurtElsässer Gänseleber als Paté mit Zwetschge, Miso, Brioche

Bereits beim gebeizten Lachs als Amuse-gueule sind es Bananensorbet und ein pfeffrig-exotischer Rahmen, erweitert von Curry-Nüssen, die aufhorchen lassen, erfrischend und überraschend. Beim Brot begeistert der Hummus mit Chimichurri mit außerordentlicher Güte und Leichtigkeit und dünner Konsistenz. Solch einen Klassiker originalgetreu und doch anders zu optimieren ist ein Statement im Detail.

Bittner arbeitet mit Süße, weiß sie aber nicht nur gefällig, sondern pointiert einzusetzen. Wie alles dient nichts dem bloßen Showeefekt, sondern dem Bereichern eines produktorientierten, durchaus süffigen Geschmacks. Für einen Moment verliert man sich beim Essen in schwelgerischem Bekannten, bevor auffällt, dass mehr passiert. Bei der cremigen Leber, von der ein Tick mehr auf dem Teller für bessere Proportionen sorgen könnte, ist es die Deklination der Zwetschge. Backpflaumig und mit weihnachtlichem Gewürzkosmos gewinnt sie dieser klassischen Vorspeise, auch wegen Kombination mit Nussknusper, Kräutern und intensivierendem Miso, als selbstbewußter Gegenpol interessante Aspekte ab. Hilfreich sind zudem eine gute Kühle und moderate Süße.

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Filet vom isländischen Kabeljau mit Topinambur, Alge und Ponzu

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Onglet vom irischen Rind mit Kürbis, Trompetenpilzen und Jaipur-Curry

Ebenfalls überzeugend ist der deutlich abgeflämmte Kabeljau, der diese robuste Behandlung verträgt und in diesem Fall braucht. Schließlich hat er mit Topinambur, der die Fischtextur wunderbar aufnehmenden Alge und der alles versöhnenden und gleichzeitig unter Kontrolle haltenden Auster-Yuzu-Vinaigrette keine Alleinherrschaft.

Die Hokkaido-Kürbisvariation umfasst die Bandbreite von gegart, geflämmt, eingelegt und püriert sowie als Kerne. Was man halt so aus Kürbis machen kann. In gut. Das Fleisch hat eine wunderbare Kruste und ist ebenfalls offensiv gewürzt. Blümerant beschrieben träfe der Ausdruck Aromenfeuerwerk zu. In der Grabbelkiste der kulinarischen  Superlativ-Beschreibungen noch nicht ganz so tief unten zu finden wie Zungentango oder Gaumensex. Der Grund ist Jaipur-Curry in sehr guter, feiner Sauce, die die Schule dann schlussendlich verrät. Maitre Nils Blümke annonciert die Gewürzmischung ob fehlender Schärfe augenzwinkernd als “Familien- und Mädchen Curry”.

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Pré-Dessert

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Weiße Valrhona-Schokolade “Ivoire” mit Kerbel, Ananas und Kokos

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Stilistisch bleibt sich die Küche bis zu den Desserts treu. Die changieren zwischen gutem Geschmack und überraschenden und erfrischenden Akzenten. Dabei sind sie gut proportioniert und sättigen nicht übermäßig.

Es überzeugt also, was auch Küche von Patrick Bittner und Souschef Johannes Goll kommt. Zwar hat man bedauernswerter Weise aus ökonomischen Zwängen und Zeitgründen den klassischen Tischservice mit Tranchieren, Flambieren und abgeschafft und der Käsewagen fährt nicht vor. Es gibt nur ein Menü in fünf oder sieben Gängen, dessen Gerichte ebenfalls à la carte bestellt werden können. Das Essen im Français machte Spaß. Weil es gut schmeckt und die Produkte gut sind. Und weil Patrick Bittner auf souveränes Handwerk eigene Ideen aufsattelt, ohne in undurchsichtige Gewürzkosmen und Spielereien abzudriften.

Wohlfühlen beim “Gastgeber des Jahres”: Maitre Nils Blümke und Sommelier Sebastian Höpfner

Zum Essen kommt noch das herrschaftliche Ambiente und ein besonders liebenswerter Service. Das Grandhotel-Gefühl in einem opulenten altehrwürdigen Speisesaal mit Parkettböden, hohen Wänden und Kassettendecken verstärken Maitre Nils Blümke und Sommelier Sebastian Höpfner aufs Positivste. Als Gast fühlt man sich bestens umsorgt: freundlich, offen und professionell. Nils Blümke wurde gerade vom Gault Millau in der Ausgabe für 2019 als Gastgeber des Jahres gekürt. Sommelier Sebastian Höpfner kann aus einer gut sortierten und fair kalkulierten 600-Positionen-Weinkarte von schwergewichtigem Format schöpfen und hat noch ein paar Raritäten à part “unter der Hand”.

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