Wat is? Pizza is!
So, und was ist nun der nächste Trend, den wir hier in Düsseldorf aufgreifen können: Was läuft denn so in Berlin, mal einen Blick nach Frankfurt werfen und was haben die Nachbarn auf der Schäl Sick überhaupt zu bieten? Wie, in Köln machen die seit letztem Jahr groß in Pizza? 485Grad – so heißt der Laden, so heiß kann der Ofen. Und läuft. Klasse, das machen wir jetzt auch; mit dem Burgerbraten funktioniert’s doch auch prima und hat sich noch nicht totgelaufen.
Und, fürwahr, gute Pizza fehlt in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt – und nicht nur hier – wirklich. Zu sehr wurde der Verbraucher durch Tiefkühlkost und zweifelhafte Lieferdienste geschmacklich korrumpiert und auf überwürzte Biilig-Salami und Analogkäse konditioniert -wer einmal das wahre Zeug gegessen hat, wird verstehen. Also: richtige Pizza kommt unter anderem aus einem Holzofen, der Teig ist eher dünn ausgerollt und nicht dick belegt, vorallendingen nicht mit Ananasstücken aus der Dose…
What’s Pizza ist aber keine plumpe Kopie der Kölner Pioniere. So einfach haben es sich die What’s Beef-Macher um Selim Varol dann natürlich nicht gemacht. Das geht bei der stylisheren Optik des luftiger erscheinenden Ladens los, die eher an die Burger-Dependance erinnert und irgendwo zwischen Design mit moderner Kunst und gewollt schäbig angesiedelt ist – so, wie es heutzutage wohl aussehen muß. In Düsseldorf geht es um “handwerkliche” Pizza und nicht wie in Köln um neapolitanische. Während man in Köln die Provenienz von Mehl, Tomaten und Mozarella deutlich hervorhebt und die tagelange Teigführung betont, hat man sich in Düsseldorf bei What’s Pizza etwas anderes, wirklich Originelles ausgedacht: den Fisch-Freitag und das Fleischeslust-Wochenende. Den Rest Woche heißt es: Veggie only. Bei Pizza-Wein und Bier, dem flüssigen Pizza-Begleiter schlechthin, hat Köln die Nase um Meilen voraus. Kein Wunder: mit Sebastian Georgi steckt ein meisterlicher Sommelier dahinter. Erst recht spannend wird es, wenn dieser seine Drohung wahrmacht und das Feindesland mit einer Filiale kapern sollte. Denn eines haben beide Orte jetzt schon gemeinsam: Man kann so wunderbar mediterran über Teigführung, Konistenzen, Backzeit und Beläge philosophieren und diskutieren…
Albernerweise ist nicht nur der Speisekarten-Flyer in Englisch gehalten. Weltstadt Düsseldorf halt. Am Counter haben wir dann wenige Tage nach Eröffnung erst einmal aus den Recommendations geordert und unsere Pizza noch nicht unseren persönlichen Bedürfnissen entsprechend customized: Margherita – homemade Mozzarella, tomato & basil (8 €) und eine Bianca – “no tomato”, just cream, olive oil & fresh herbs (7 €). Bei den Getränken war das momentan Aufregendste das bayerische Craft Beer Sunday (5 €), ein ungefiltertes, süßlich-fruchtiges Pale Ale von And Union.
Bei beiden Teigfladen, die auf einem Blechteller (haha, Pizzablech…) serviert werden, ist der Teig außen angenehm knusprig, ohne größere verbrannte Stellen. Im mittleren Bereich wirkt der Teig etwas zu gummiartig teigig und könnte durchaus etwas dünner sein oder alternativ einen Tick länger gebacken werden. Geschmacklich ist das sehr mild und salzarm. Mir fehlt es an Hefe-Mehl-Aroma – dem Geschmack, der langwährenden Suche.
Den milden Ansatz beim Teig übertönt dann passenderweise der Belag nicht. Bei der weißen Pizza kommen so die darüber gestreuten Kräuter besser zur Geltung. Süffiger und spannender geht es bei der Margherita mit ihrer fruchtigen, natürlich schmeckenden Tomatensauce zu. Als nicht schlecht erweist sich das Pimpen des letzten Sechstels mit einer Auswahl der diversen Free Toppings (Basil, Thyme, Peppers, Pickled Onions, Garlic Oil, Rosemary Oil etc.), womit das Original ansatzweise amerikanisiert wird.
Der Weg ist das Ziel und die Suche wird weitergehen. Die Pizza bei What’s Pizza ist durchaus schon jetzt eine Referenz für die Landeshauptstadt. Ich bin auf die Diskussionen und einen Wiederbesuch gespannt.
Nachtrag vom 16.06.2015 Das gerade erst eröffnete What’s Pizza hat – hier nachzulesen – auf Facebook zu von Gästen geäußerter Kritik Stellung genommen. Man senke mittags den Preis für eine Margerita um einen Euro – soweit, so gut, ich empfand die Pizza als nicht zu teuer, da höherwertige Grundzutaten und auch ein Steinofen höhere Kosten als in einer x-beliebigen Pizza verursachen. Man habe nunmehr eine bessere Teigqualität erreicht – das ist schön, da ich den Teig auch noch nicht optimal fand; allerdings wäre ein besseres Ergebnis schon zur Eröffnung wünschenswert gewesen. Zum Thema Konsitenz sollte das Personal dahingehend geschult sein, die Unterschiede einer neapolitanischen Pizza, die hier als Referenz angegeben wird, zu erläutern. Die Veggie only-Tage wurden auf einen Meatless Monday reduziert. Das finde ich als Omnivore schade, weil ich das nicht als Bevormundung ansehe, sondern als nachhaltige Idee. Unsinnige Kommentare bei Facebook (“Warum bietet ihr nicht jeden Tag vegetarisch und Fleisch an? Wir ”mündigen” Kunden können glaube ich selber entscheiden (…)”) werden einem veganen oder vegetarisch ausgerichtetem Restaurant schließlich auch nicht gestellt.
Erwartungsgemäß am dümmsten fallen allerdings die Berichte und meisten Leserkommentare der in Sachen Kulinarik eh nicht wirklich bewanderten Lokalpresse aus. Ganz vorne im negativen Sinne ist die Rheinischen Post (hier) dabei . Dabei scheint die Redakteurin sich zu freuen, überhaupt endlich mal äußern zu können, daß mittags ein Essen doch viel, bodenständig und vor allem billig sein müsse. Bei der Bild (hier) ist gleich von einem shitstorm die Rede und es bricht Jubel darüber aus, was König Kunde erreicht habe. Dagegen fällt der Bericht der Westdeutschen Zeitung (hier) zumindest sachlich aus. Nachtrag vom 16.06.2015
Zum Abschluß – aus rheinischer Nächstenliebe – noch ein paar optische Eindrücke aus dem 485Grad in der Domstadt: