Yoshi by Nagaya, Düsseldorf
Wo sich jahrelang ein italienisches Restaurant am Abbau des Butterbergs durch vor Fett triefende Nudelsaucen versuchte, gibt es seit wenigen Tagen einen Leerstand weniger zu vermelden. Und das mit äußerst erfreulichem Hintergrund. Denn im prosperierenden japanischen Viertel rund um Klosterstraße und Immermannstraße, liebevoll Little Tokyo genannt, hat Yoshizumi Nagaya unweit seines Stammrestaurants Nagaya sein neues Restaurant Yoshi by Nagaya eröffnet.Der Eintritt in die schlauchartige Lokalität gibt noch keinen sofortigen genaueren Aufschluss über die hier servierte Küche. Am Eingang stehen in Schüsselchen Salzberge – das soll die bösen Geister vertreiben und der Neueröffnung Glück bringen. Auf jeden Fall betrete ich eine neue Welt. Es wirkt erst einmal recht dunkel und spartanisch-elegant. Ein gutes Lichtkonzept setzt die Abstufungen von Grau und Braun bei Materialien aus Holz, Stein und Stoff gekonnt in Szene.Am Ende des Raumes erscheint ein erleuchteter Mittelpunkt und auf einmal sieht es im Yoshi aus, wie ich mir eine japanische Sushi-Bar in Tokio vorstelle. Neben Nagaya-san steht klassisch mit Hemd und Krawatte unter der Kochjacke gekleidet ein weiterer Sushi-Meister hinter der Theke. Keine Frage, dass ich mich direkt davor auf einem der Hocker niederlasse.
Während sich im mit einem Michelinstern ausgezeichneten Nagaya die puristische japanische Küche immer wieder mit Einflüssen der europäischen Hochküche zu einer Fusion zusammenschließt und bisweilen ehrgeizig um die Vorherrschaft auf dem Teller duelliert, schlägt Nagaya mit dem Yoshi einen eindeutigeren Weg ein. Hier wird klassische japanische Küche serviert, die sich an den Kaiseki-Stil anlehnt. So wird hier eine Vielzahl von Gängen serviert, die sich in ihrer Abfolge mehr oder weniger am Formalismus des Traditionsmahls orientieren und puristisch sowie leicht gehalten sind. Selbstverständlich auf wunderbarer Keramik serviert und im Verlauf mit einer Steigerung der Intensität versehen. Mittags gibt es ganz ganz klassisch auch eine Bento-Box und wie im Nagaya ein etwas günstigeres Angebot.
Los geht es mit Sesam-Tofu. Der Tofu ist in einer feinen (Tempura-)Hülle frittiert, aber nicht dröge ausgebacken. Nach dem ersten knusprigen Eindruck ist das Gefühl im Mund weich und schmelzend. Ein Hauch Ingwer, Soja und etwas Öliges in der Sauce machen dieses, wie Herr Nagaya erklärt, klassische Gericht zum feinen und puren Auftakt.Mit Schneekrabbe, japanischer Chrysantheme, Tosa-Essig-Gelee, mariniertem Spinat, Sojamilchhaut (Yuba) folgt ein kühler Gang. Auf einem Salat thront das gezupfte Krebsfleisch und hat einen kräftigen, saftigen Geschmack. Dieser kann mit dem Salat, bei dem jedes Element – vom eher weich-cremigen Mundgefühl der Haut bis zum knackigen Spinat – schmeckbar ist, aromatisch mithalten. Während mir die Aromen von Zubereitungen anderer japanischer Restaurants bekannt vorkommen, fällt der Geschmack erheblich eleganter aus. Nagaya verzichtet auf zuviel Salz oder klebrige Süße und setzt mit dem Essig nur einen schmelzenden Säureakzent. Köstlich – und ich mache nur vor dem japanischen Glücksbringer im Vordergrund halt.
Wie überhaupt das gesamte Geschirr Beachtung verdient, symbolisieren bei Eierknödel, Wasserkastanie, Blumenkohlsuppe die silbernen und goldenen Kreise Sonne und Mond. In diesem Zusammenhang drücke ich beim Blattgold mal ein Auge zu. Bei diesem Suppen-Gang ist der Eierknödel deutlich fester als beispielsweise Eierstich. Dabei hat er eine angenehme Konsistenz und schmeckt dezent, aber spürbar nach Ei. Bei der Blumenkohlsuppe handelt sich nicht um eine Crèmesuppe, sondern eher um ein Mischung aus Dashi mit prägnanten Blumenkohlnoten, die wiederum gut zum Knödel passen. Dazu kommen knackiges Gemüse und Zesten von Yuzu-Schale als belebende Elemente.
Durch die sensible Würzung ist mein Geschmacksinn noch immer für Feinheiten aufnahmebereit, da folgt das Sashimi mit Rücken und Bauch vom Thunfisch, japanischer Dorade, japanischer Gelbschwanz (Hamachi) genau richtig. Roher Fisch ist für mich, wenn Nagaya das Messer führt, stets ein Höhepunkt in Sachen Fischqualität und -zubereitung. Da ich noch nicht in Japan war, kenne ich in diesem Bereich nichts Vergleichbares und Besseres. Das ist auch im Yoshi nicht anders. Da bringe ich es beinahe nicht übers Herz, Sojasauce, Shiso-Blüte, die nicht nur als Dekoration hübsch anzuschauen ist, oder den feinst aufgerollten Rettich zu verkosten. Dabei ist die Sojasauce grandios: Ein salzarmes Premiumprodukt wird durch Kombu-Alge und Gemüse noch weiter verfeinert und hat am Ende nichts mehr mit der Penetranz von Supermarktware gemein.Neben dem Geschirr, dekorativen Blüten und anderen Zier-Elementen gehören auch schöne Blätter, die im Yoshi natürlich original aus Japan stammen, zur Kaiseki-Küche. Bei der Vorspeisen-Variation befindet sich im gelben Schiffchen erneut der grandiose Tofu, diesmal in naturbelassener Form mit nussigem Geschmack und cremiger, minimal grisseliger Textur. Von der Garnele aus Frankreich schwärmte Nagaya-san beim Servieren zurecht; eine geflämmte, japanische Marone heizt mit intensivem Aroma und süßem Nachhall ein. der mit Schwarzwurzel gefülte Aal (Unagi) ist deftig, aber eben nicht überwürzt und kleisterig süß. Etwas Krosses darf nicht fehlen: Ein ausgebackenes Lotusblatt mit Garnelenfüllung und ein Bällchen frittierte Garnelenpaste übernehmen diesen Part. Der Würfel japanischer Eistich wirft mindestens eine Frage auf: “Ach, so kann Tamago auch schmecken?”. Auch vom Salat ist – diesmal ohne Schneekrabbe – noch etwas auf der Platte. Im süßen Kästchen warten als letztes Scheibchen von geschmorter Aubergine mit Biss auf ihren schnellen Verzehr.
Nach diesen wahrlich köstlichen und unterhaltsamen Kleinigkeiten auf den Punkt folgt mit dem Seehecht der puristische, produktorientierte Kontrast. Nagaya erklärt, dass der Fisch mit einer Salz-Reis-Hefe-Mischung und nicht, wie ich dachte, mit Miso mariniert wurde. Ich nehme an, dass wie beim Fermentieren von Miso, Reiswein oder Sojasauce Kōji beim Reis eine Rolle spielt, da der Geschmack mit seinen – ja, jetzt fällt das Wort endlich! – Umami-Anklängen genau in diese Richtung geht. Auf jeden Fall sorgt der Wasserentzug für einen festen Fisch, der eine süßlich-würzige Kruste erhielt.
Was für das Sashimi git, hat auch beim Sushi mit Thunfisch, japanischer Gelbschwanz (Hamachi), Holzmakrele und Dorade Bestand. Zum perfekten Fisch gesellt sich körnig-klebriger Reis, etwas wärmer als Zimmertemperatur, der nicht süß und präzise dezent gesäuert ist. Dabei wirkt nur unterschwellige Wasabi-Schärfe als Würze. Alles à la minute vor meinen Augen zubereitet, versteht sich.
Das Menü erreicht bei Rubia Gallega-Filet, Pilzen, Ginkgo, Yamswurzel, Ponzu den aromatischen Höhepunkt. Als erstes ein Hinweis für alle hippen Burgerläden und Food Truck-Betreiber: Vergeßt Pommes aus Süßkartoffeln, diese fettig-süße Knusperei – ich rufe jetzt frittierte Stäbchen aus Yamswurzel zum next big thing aus! Ein viel spannenderes Mundgefühl: außen knackig und innen gemüsiger Biss. Hier sind sie eine lässige, etwas augenzwinkernde Beigabe, was auch für die leckere, kaum benötigte Sauce auf Zitrusbasis gilt. Die geschmacksstarken Scheiben der Rinderrasse aus Galicien, wo also nicht nur grandiose Meeresfrüchte herkommen, stehen zusammen mit den kräftigen und dennoch differenzbaren Pilzmischung für sich. Die unterschiedliche Pilzigkeit und Konsistenz der teure Matsutake, der Steinpilzen und von Enoki sind jederzeit spürbar. Die grün-pastösen “Bohnen”, die eigentlich die geschälten Ginkgosamen sind, verhindern wohltuend, dass sich zuviel Gefälligkeit breitmacht. Toll: Purismus, den viele erreichen wollen, aber nur wenige können. Ein hervorragender Fleischgang.
Bei Grüntee-Eis, Matcha-Kakao-Erde, Vanille geht es weniger süß und sahnig zu als es wahrscheinlich im Nagaya der Fall wäre. Der Wasseranteil beim Eis ist einfach höher und sorgt für einen stumpferen Eindruck. Dieser passt aber zum herben und erfrischenden Charakter des Desserts. Dabei ergänzt der Sauerklee nicht nur optisch die Waldbodenoptik, sondern hat mit seiner kurzen, spitzen Säure auch einen kulinarischen Sinn. Mit einer zusätzlichen Vanille-Zubereitung, irgendwo zwischen Créme und festem Pudding angesiedelt, fällt dieser letzte Gang üppiger aus als das wahrscheinlich in Japan gereichte, perfekte Obst. Ein guter Kompromiss, da die Pâtisserie bislang nicht die stärkste Disziplin bei meinen Besuchen im Nagaya war.Ganz und gar un-japanisch und doch doch wieder nicht ist der Sake-Macaron. Beim französischen Baisergebäck klingt die Füllung manchmal so vielversprechend und die Optik sieht gar allzu verlockend aus, doch im Mund nichts als Klebrigkeit am Gaumen und wenig Geschmack. Im Yoshi sind die Hälften fein-knusprig und lösen sich scheinbar in nichts auf, während die intensive Füllung stehenbleibt. Nicht nur die Zutat der Füllung ist japanisch: Einen Macaron gibt es, obwohl man mehr haben mag – das ist dann wieder japanische Askese, allerdings nicht selbst auferlegt…
Das war ein starker erster Eindruck aus dem Yoshi by Nagaya. So gefühlt unversehens die Neueröffnung erfolgte, so willkommen ist sie. Nicht nur einmal hatte ich den Gedanken, wie toll es wäre, Nagaya in noch klassischer zu erleben oder mir vorgenommen, im Nagaya öfter mal konsequent ausschließlich die Klassiker zu ordern. Dass die Umsetzung jetzt im oben beschrieben Ausmaß stattfindet, ist umso schöner und sowohl kulinarisch als auch als Gesamterlebnis in meinen Augen einzigartig für die Küche Japans in Düsseldorf, wenn nicht gleich bundesweit.
Klingt ganz fantastisch, kannst Du den Preis für dieses wunderbare Dinner offenbaren?
Das Menü kostet am Abend 98 €, mittags in etwas reduzierter Form 58 €, und es gibt bspw. eine Bento-Box für 45 €. Ein paar à la carte-Gerichte werden mittags ebenfalls angeboten; für den Abend weiß ich es nicht.
長屋様 ご無沙汰しております お元気でしょうかホームページが出来上がりました ご覧ください
kantajapan-keramik.com
実は明日午後から明後日夕方まで Düsseldorfにおります お時間ございましたら 伺いたいのですがちょっと急ですね
では 寛太